Gegenwärtig verknäueln sich ganze Bündel von Problemen, die in der Vergangenheit nicht nur in Frankfurt am Main, sondern in der ganzen Republik verursacht worden sind. Diese Probleme wurden durch eine Politik hervorgerufen, die darauf setzte, Investitionen in Bildung möglichst klein halten zu können, wenn nur darauf geachtet wird, dass es bei Mittel- und Oberschicht nicht zu unzumutbaren Mängeln kommen würde. „Eingepreist“ wurde dabei, dass diese Schichten manches privat ausgleichen können – von Schulmaterialien über Nachhilfe bis hin zum Besuch eines privaten Kindergartens oder einer Privatschule. Entsprechend erlebt der private „Bildungsmarkt“ auch in Frankfurt einen regelrechten Boom – und ist gewissermaßen das Spiegelbild des allgemeinen Verfalls im öffentlichen System.
Abnutzung und Instandhaltung wurden an den Rand gedrängt
Die Vorstellung von politisch Verantwortlichen scheint zu sein, dass mit dem Neubau oder der Neuausstattung von öffentlichen Einrichtungen die Ausgaben bzw. Aufwendungen beendet seien.
Jede Investition wird aber aus guten Gründen abgeschrieben, um nämlich die Mittel zu haben für Sanierungen und Ersatzbedarf. Ein Blick in den Jahresabschluss des Haushalts 2023 der Stadt Frankfurt am Main zeigt folgendes Bild:
Die Vermögensrechnung weist 20 Milliarden Euro in Form von Sachanlgen (14 Mrd. Euro), Bauten (2 Mrd. Euro) und Infrastrukturvermögen (4 Mrd. Euro) aus.
In der Ergebnisrechnung sind dafür an Abschreibungen nur 274 Millionen Euro aufgeführt.
Das bedeutet eine Abschreibungsquote von 1,37 Prozent. D.h. der Kämmerer geht davon aus, dass alle Gebäude, Anlagen und Einrichtungen 73 Jahre lang (durch)halten – das ist, vorsichtig formuliert, weltfremd.
Computerhardware beispielsweise kann aus Sicht des Bundesfinanzministeriums seit 2022 schon nach einem Jahr (!) steuerlich abgeschrieben werden!
Das heißt, dass die Werterhaltung öffentlicher Einrichtungen Staat und Kommunen auch buchhaltungstechnisch völlig aus dem Blick geraten ist. Hier muss endlich nachgebessert werden und Substanzerhaltung als öffentliche Aufgabe finanziell und personell wahrgenommen werden. Hier hat die Frankfurter Schulbauoffensive dazu gelernt – siehe Auszüge.
In den Zehnerjahren des neuen Jahrhunderts galt der Abbau städtischen Personals als Priorität
Personalkosten werden immer noch als sogenannte „konsumtive“ Kosten betrachtet – im Gegensatz zu den „investiven“ Kosten, die man leichter vorzeigen kann.
Aber ohne Personal läuft nun mal nichts: keine Bestandsaufnahme, keine Planung, keine Umsetzung, keine Kommunikation.
So ist es nicht verwunderlich, dass in die Haushalte eingestellte Mittel bis heute nicht abgerufen werden können. Wir von der GEW waren eine der ersten, die bereits vor 8 Jahren darauf hingewiesen haben: In der Haushaltsabrechnung für 2015 kam heraus, dass nur etwa 50 Prozent der für die Investitionszahlungen an Schulenbewilligten Mittel überhaupt abgerufen wurden.
Gerade das war kalkuliert. So konnte man öffentlichkeitswirksam große Zahlen präsentieren, die dann aber in den Schulen nie ankamen. Das schonte die Kasse und gute Presse gab es trotzdem – eine Win-Win-Situation im Sinne der anfangs angesprochenen Zielstellung.
Inzwischen ist das auch in der SBO angekommen (siehe nebenstehende Auszüge). Aber das war nicht immer so.
Jahrzehnte der Sparpolitik
Bildungsdezernentin Weber hat das Amt jetzt 8 Jahre inne, davon die meiste Zeit in gemeinsamer Zuständigkeit mit dem CDU-Dezernenten Schneider (mit dem ABI).
Davor war das Dezernat 27 Jahre in grüner Hand. Die heutige Katastrophe ist das Ergebnis dieser letzten 35 Jahre Sie ist Ergebnis von Entlassungen im Öffentlichen Dienst, von fehlendem poitischen Willen in allen Regierungsparteien dieser Zeit und von einer Bundespolitik, die Kommunen immer mehr Aufgaben überträgt ohne die entsprechenden finanziellen Mittel zur Verfügung zu stellen. Letzteres übrigens unter Verletzung des Konnexitätsprinzips, das eigentlich Verfassungsrang hat.
Weber ist es hoch anzurechnen, den Mangel und den Nachholbedarf überhaupt erst mal festgestellt und die nötigen Schritte eingeleitet zu haben. So viel gebaut und saniert wie gegenwärtig wurde noch nie.
Allein die Priorisierungsliste für 2024 weist 30 Vorhaben aus. Und die gesamte To-Do-Liste 228 Maßnahmen bei rund 180 Schulen.
Einen solchen Versuch, so viel Transparenz wie möglich in die Planung zu bringen, gab es ebenfalls noch nicht. Es sei daran erinnert, wie für die PPP-Projekte unter der Regie von CDU und Grünen bei den 4 Schulen sogar die Prozentzahl erfunden wurde, um wieviel billiger der privatsierte Bau und die Anmietung angeblich sein sollten.
Es zeigt sich, dass ein solches Werk wie gut ausgestattete Schulen eben auch das Personal erfordert, diese Schulen zu bauen, auszustatten und am Laufen zu halten. Dieses Personal zu angemessenen Bedingungen einzustellen, kostet Geld.
Da wäre es nun wirklich an der Zeit, die Rücknahme der Gewerbesteuer-Hebesatz-Senkung seit 2007 rückgängig zu machen. Durch sie hat die Stadt seither bereits über zwei Milliarden Euro verloren – Geld, das in Bildungseinrichtungen gut angelegt wäre.
Im Moment kulminieren jahrzehntelange Versäumnisse. Mit der im Bildungsausschuss im September vorgestellten Schulbauoffensive werden die meisten von uns benannten Kritikpunkte aufgearbeitet und die richtigen Weichen gestellt. Aber das erfordert Zeit. Während die SBO sich um Transparenz bemüht, fehlt ein verbindlicher(er) Zeitplan. In der Frankfurter Rundschau sagte eine Zuständige auch, warum: weil man das nicht seriös machen könne.
Trotzdem geht es nicht ohne eine bessere Zeitschiene und die damit verbundene Hoffnung für die Schulgemeinden, dass sich in absehbarer Zeit etwas ändert. Dazu íst es aber auch erforderlich, dass die Stadt-Koalition sich nicht gegenseitig in die Parade fährt.
Team Kommunale Angelegenheiten:
Christina Avellini, Diane Fehrensen und Herbert Storn